Obertorstrasse 10 "grünes Haus"

  • In diesem Gebäude war ursprünglich die Taverne zur Krone, deren Recht 1752 auf das Haus Seestrasse 116 übertragen wurde.
  • 1762erlaubte die reichenauische Stadtherrschaft darin die Taverne "Zum Engel" einzurichten.
  • Der Name "Grünes Haus" ist ab 1801 belegt.
  • Um 1870 / 80 war hier der Sitz der Spar- und Leihkasse Steckborn.
  • 1977 - 79 Gesamtrenovation
  • 1985 Renovation des Daches
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    Bote vom Untersee Donnerstag, 7. April 1977

    Die nüchterne, auf Symmetrie bedachte Fassade aus der Mitte des letzten Jahrhunderts lässt nicht vermuten, welche Vielfalt an geschichtlichen Zeugen und welcher Reichtum an kunstvollen Formen dahinter verborgen sind. Durch die nun abgeschlossene, von Architekt Gubler mit Sorgfalt geleitete Restaurierung konnte das Haus nicht nur neu belebt werden, sondern gleichzeitig sind auch unsere Kenntnisse von seiner Vergangenheit er­weitert worden. Unter dicken Gipsschichten und hinter neueren Täfern kam an mehreren Stellen Riegelwerk zum Vorschein, dessen Bemalung in Ocker und Rot mit schwarzen Begleitlinien auf eine Entstehungszeit im 17. Jahrhundert schliessen lassen. Ein gutes Jahrhundert später muss das Haus um- und ausgebaut worden sein: Im Obergeschoss, einem stattlicheil piano nobile, befindet sich ein Festsaal, der sich mit den Grubenmann'schen Musiksälen der Bischofszeller Bürgerhäuser messen kann, wie sie nach dem Stadtbrand von 1743 errichtet wurden. Der Eingang zum Saal schliesst eine zweiflüglige Türe aus Nussbaumholz in schwungvollem Rahmen. Die Tür­blattrahmen sind massiv, ebenso die Aussenseite der Füllungen. Die Innenseite der Füllungen und auch des Türgewändes sind jedoch in Nussbaum fourniert. Damit ist eine für Steckborn typische Machweise aufgenommen, wie wir sie bei den Steckborner Schränken, aber auch an der 1767 datierten Kirchenkanzel wiederfinden. Neben der weitherum bekannten Steckborner Ofenwerkstätte der Meyer muss in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts auch das Möbelschreinereihandwerk (Wüger, Füllemann) in hohem Ansehen gestanden haben. Dem Mei­sterwerk der Türe entsprechen im Raum feingesprosste, maserierte Fenster. Der originale Kachelofen fehlt. Ueber dem mit Filet unterteilten Boden spannt sich eine reich profilierte, mit Bandelwerk unterteilte Stuckdecke. Ihr oval gerahmtes Mittelfeld schmückt das Allianzwappen Hanhart-Füllemann, was uns auf die Jahre um 1760/70 sowie den damaligen Besitzer und seine Gemahlin hin­weist. Aus dieser Zeit stammen auch die Balluster des Treppenhauses und weitere, einfacher geschmückte Türen und Deckenspiegel. Der Beginn unseres Jahrhunderts war vor der Restaurierung im Festsaal durch eine neugotische Tapete und entsprechende Möbel vertreten und ist noch in der Eingangshalle durch Reliefs und gemalte Ornamente sichtbar geblieben. So erzählt uns heute das Grüne Haus dank der Mithilfe einiger feinfühliger Handwerker vieles aus seiner reichen Vergangenheit. Gleichzeitig erfüllt es aber auch neue Aufgaben, konnten doch drei zeitgemässe Wohnungen eingebaut werden. Mit diesem Ausbau hat die verständnisvolle und weit­sichtige Besitzerin ein wertvolles Steckborner Haus erhalten und für die Zukunft gesichert. Unverständlich aber wieder gut zu machen ist der Verlust des auf der Nord­seite gelegenen Gartens, der das gelungene Werk erst zur vollen Wirkung für alle Bewohner Steckborns bringen wird.   J. Ganz