Fischerei am Untersee

von J. Ribi-Ribi, Lehrer von Triboltingen, Vortrag vom 13. Dezember 1942

Es gibt Gegenden, wo die Leute besonders zäh am Althergebrachten hangen. Zu diesen Gebieten zählt die Gegend des Untersees und ich denke dabei nicht einmal an die bekannte Ermatinger Groppenfasnacht und das „ Berlangen“ der Berlinger, sondern lediglich an das uralte und teilweise originelle Fischereiwesen in diesem See. Nach alter Väter Sitte wird auch noch heute das Recht zur Ausübung dieses Berufes erteilt und die Eintragung ins Fischereibuch bewilligt. Ein Haupterfordernis ist dabei, dass man in einer fischereiberechtigten Gemeinde wohnhaft und wirtschaftlich selbständig ist. Viele Fischer sind auch Landwirte. Es kann aber dabei nur ein ausgesprochener Kleinbauernbetrieb in frage kommen. Dafür sorgt die Bestimmung, dass neu ins Fischereibuch aufgenommene Fischer nicht mehr als zwei Kühe halten dürfen. Über das Verhältnis zum Rebareal, wenn ein Fischer zugleich noch Rebbauer ist, fehlen jedoch Angaben. Sie sind auch nicht nötig. Wer sich diesem Zweig der Landwirtschaft, also einem Intensivbau widmen will, so dass sich seine Mühe lohnen soll, wird ohne weiteres seine Netze häufig im Trockenen hängen lassen müssen. Durch alle Ordnungen und Öffnungen, von 1486 bis 1774 geht’s wie ein roter Faden , dass das Fischen speziell ein Privileg der ärmeren Bevölkerung sei. Wenn nun heute viele Fischer aus der Armut herausgekommen sind und in geordneten , wirtschaftlichen Verhältnissen leben, so ist das nicht riesigen Gewinnen zuzuschreiben. Batzen um Batzen muss bei diesem Beruf, in Wind und Wetter, bei Tag und Nacht, in Hitze und Kälte sauer erworben werden. Und einen mühsam erworbenen Franken dreht ein Fischer ein paar Mal um, bevor er ihn ausgibt. Nur auf diesem Wege war es möglich, vorwärts zu kommen. Die ganze Organisation des Fischereiwesens im Untersee erinnert noch recht stark an das mittelalterliche Zunftwesen und es darf gesagt werden, dass sich die Anordnungen sehr gut bewähren. Mit aller Energie stehen die Fischer für ihre privilegierten Rechte ein. Und sie haben das schon früher getan. Ein beredtes Zeugnis hiefür ist die malerische Ruine Schopflen auf dem Seedamm in der Nähe von Oberzell.



Schopflen

Das Schloss wurde, wie man erzählt, von den Konstanzern zerstört, als der nicht gerade rühmlich bekannte Eberhard von Brandis (1343- 1379) die Geschicke des Klosters Reichenau lenkte. Er lenkte aber nach eigener Art, sodass es die abtei, die ehemals gegen 60`000fl. (Gulden) jährliche Einkünfte zu verzeichnen hatte, noch auf ganze 3 Mark Silber brachte. Zu jener Zeit, im Jahre 1365, wurden Konstanzer Fischer von den Reichenauern beim Fischen im „innern See“ ( Gnadensee) ertappt und zwei Konventsherren von Reichenau, Mangold von Brandis und Eberhard von Klingen, sollen sich gerächt haben, indem sie den Frevlern die Augen ausstachen. Die Antwort der Konstanzer war die Zerstörung von Schloss Schopflen. Sehr wahrscheinlich kam die ganze Angelegenheit dem Bischof von Konstanz gar nicht ungelegen. Die Abtei Reichenau unter ihre Obhut zu bringen, war schon längst das Ziel der Prälaten von Konstanz und sie erreichten es auch, wie die Fischerordnung vom 5. Juli 1707 und diejenige vom 22. August 1774 beweist. Die Abtei Reichenau wurde übrigens 1535 dem Bistum Konstanz inkorporiert. 1540 gingen ihre Rechte an den Fürstbischof von Konstanz über, der nun Herr der Reichenau wurde. Durch die Säkularisation von 1803 kam die Reichenau mit den Klöstern Petershausen und Öhningen an Kurbaden und 1806 an das Grossherzogtum Baden. Die Fischereidirektion und Aufsicht blieb bei Baden; letztere wird durch das Bezirksamt Konstanz ausgeübt.


Mitwirkende bei der Beratung und Festlegung der Fischereiordnung von 1707:

(nur Schweizerseite erwähnt)

Steckborn: Statt Aman Joh. Christoph Hanhardt, David Guhl, Statt Schreiber Ermatingen: H. Amman, Conrad Khym Quartierhauptmann, Daniel Gilg Burgermeister und der mehrere Theil der Fischer.

Horner Stad: Jakob Brückhel Bernang: Aman Johannes Kern, Hs. Mart. Kern, Burgermeister

Eschenz: Börth, Stabhalter, Benedikt Diener, Hs. Jak. Roth

Mammern: Niemandt.

Neuenburg: Niemandt.

Mannenbach: Conrad Fehr

Triboldingen: Hs. Conrad Seiler, Burgermeister

Feldbach und Emenhofen: Hofmeister Schwrotz v. Feldbach, Hs. Jak. Schnurr, Aman in Emenhofen, Georg Fehr, Math. Gross

Diese Fischereiordnung betrifft den Eussern (äusseren) See, den Gnadensee also nicht, sie weißt auf Ordnungen aus den Jahren 1577, 1583, 1601, 1654, 1695 etc. hin und enthält 112 Artikel.

Diese betreffen Bestimmungen über den Fang von Huechen (Hechte), Karpfen, Schleyen, Braxman, Barben, Böhrinen, Grundlen, Groppen, Krössling, Hürlingen Oeglin, Seelen im Gangfischlaich, Treuschen, Hasel unter Eis, Fürn, Glusinen, Langunen und Edel Krebsen. Gemäss den Angaben aus der bereits zitierten 1774er Ordnung war das damalige Gevier der allgemeinen Fischerei im äussern See also folgendermassen: Vom Kühehorn am Fall, ans Wangener Horn und bis an den Rhein hinab, am Mooser Steg und beim Nonnenhaus an der Aach. Man kann aus diesen Mitteilungen schliessen, dass es wohl nicht ein zusammenhängendes Stück war. In der Tat werden einige „Pretendierte Gerechtigkeiten genannt. Solche Pretensionen besassen das Schloss Neuenburg bei Mammern, Schloss Marbach, Gaienhofen, Gotteshaus Feldbach unterhalb Steckborn und die Chorherren von Zell mit einem Gebiet vor Radolfszell. Fischmarkt Wie in den Städten die Patrizier auf dem Markte bis zu einer bestimmten Stunde das Vorkaufsrecht hatten, so war auch der Fischverkauf am Untersee geregelt. Fische waren damals wohl noch viel mehr ein Volksnahrungsmittel. Nun kam es oft vor, dass Aufkäufer die Beute erwarben und damit, und zwar zu Fuss nach Schaffhausen, Winterthur und Zürich gingen. Für die Ortseinwohner blieb recht häufig nichts mehr übrig. Daher wurde die Sache folgendermassen geregelt: Bis um 11 Uhr hatten die See-Umsassen das Vorrecht beim einkaufen; erst nachher durften die Fischer frei verfügen. Wer aber nach 11 Uhr kaufen wollte, hatte pro Pfund einen Kreuzer mehr zu bezahlen. Der Gerichtsherr setzte aber auch die Preise fest.

 

Preise
im Jahre 1774
im Jahre 1934
Fischsorte
Kreuzer / Pfund
Rappen / Pfund
Braxmann
6
25
See- Karpfen
8
60
Barben
5
60
Schleyen
6
80
Hecht
6
110
Felchen
6
110
Treuschen
10
80
Ahlat
5
40
Forellen
12
180
Aal
20
100
Fürn, Hasel
6
15
Eglin, (Chretzer)
8
50

J. Ribi 1942

 

Kochen mit Schweizer Fisch

Geschichte und Fanggeräte


Spricht man von der Fischerei am Bodensee wird der Untersee öfters in den Hintergrund gestellt oder mit dem Obersee zu stark verglichen. Dabei werden beide Seeteile mit je einer eigenen Fischereiverordnung und einem Bewirtschaftungsplan seit Jahrhunderten bewirtschaftet.



Der Untersee ist der westliche, kleinere Seeteil, der zwischen Gottlieben und dem Städtchen Stein am Rhein in einer sehr schönen Landschaft eingebettet ist. Die Insel Reichenau und die Halbinsel Mettnau unterteilen den See in den so genannten Rheinsee, Gnadensee, Zellersee, Markelfingerwinkel und den obersten Teil, zwischen Ermatingen und Gottlieben, den Seerhein.



Die Geschichte der Fischerei am Untersee ist über Generationen tief verwurzelt. Waren es vor ca. 100 Jahren noch über 100 Fischer, die als Netz-, Schwemm- oder Zockfischer ihren Haupt- oder Nebenberuf ausübten, sind wir heute noch 8 Netzfischer auf schweizer-, und ca. 20 auf deutscher Seite, die eine streng überwachte und nachhaltige Fischerei betreiben. Nur so werden wir auch in  Zukunft unsere frisch gefangenen Fische dem Konsumenten anbieten können.

Das Ausüben der Fischerei wurde seit jeher am Untersee betrieben, dies bezeugen die Überreste von zahlreichen Pfahlbausiedlungen rund um den See.
Die Fischerei gehörte Jahrhunderte lang dem Kloster Reichenau, welche als Schutz und Schirmherrschaft diese überwachte und auch Gesetze erliess. Erst im Jahre 1979 erhielt der Kanton Thurgau die eigene Gerichtsbarkeit über die Schweizer Fischer am Untersee. In der heutigen Zeit regelt die Unterseefischereiverordnung das Geschehen der Fischerei. Eine dazu gewählte Kommission aus allen Vertretungen der verschiedenen Intressengruppen und Länder stimmen über eingegangene Anträge ab.

In dieser Verordnung sind Netzgrösse, Maschenweite und Einsatzzeiten, sowie die Zeiten in der die Netze gesetzt oder gehoben werden dürfen festgehalten. Mindestmasse und Schonzeiten, sowie die Laichfischerei werden darin geregelt.

Je nach Fischfang und Jahreszeit (Sommer-/ Winterfischerei, Laichfischerei) sind verschiedene Gerätschaften im Einsatz.

Bei der Felchenfischerei werden 5 Netze mit einer Höhe von 5m und einer Länge von 100m eingesetzt. Die Maschenweite von 42mm darf nicht unterschritten werden.

Für die Eglifischerei (Chretzer) werden Netze mit 2m Höhe, 100m Länge und 32mm Maschenweite zugelassen. Die Anzahl von 6 Stück darf nicht überschritten werden und dürfen auch im Übermorgensatz, das heisst soviel, wie 2 Stunden vor Sonnenaufgang ausgelegt werden.

Schonzeiten für Egli und Hecht werden von der Fischereiaufsicht festgelegt.

25 Fisch- und 3 Krebsarten leben heute noch im Untersee, wobei nur ein kleiner Teil bedingt durch den Konsumenten für uns Fischer von wirtschaftlicher Bedeutung ist.

Die Berufsfischer sind einer nachhaltigen und auf die Zukunft ausgerichtete Fischerei verpflichtet. (Text W. Ribi, Ermatingen)